Offener Unterricht

Hab mich mal mit dem offenen Unterricht befasst, da Herr Schmid immer so schwärmerisch ist davon:

Unterricht wird als offen bezeichnet, wenn

* der Unterrichtende den Schülern die Planung offenlegt
* oder die Schüler an der Planung beteiligt
* oder die Schüler wesentliche Aspekte der Planung bestimmen.

"Offener" Unterricht verzichtet nicht überhaupt auf Planung, sondern lediglich auf ein strenges Baumuster der Planung. Aus der didaktischen Literatur lassen sich die folgenden Prinzipien ableiten:

* Die Planung bleibt offen für notwendig werdende Änderungen.
* Für die vorgesehenen Maßnahmen gibt es situationsgerechte Varianten.
* Die Entscheidungsvorgänge werden mit den Schülern erörtert.
* Lehrer und Schüler arbeiten zusammen.
* Die Personalität der Beteiligten tritt in den Vordergrund.

Daraus folgen vier Merkmale offenen Unterrichts (nach Klaus SCHITTKO, 1980, S. 655):

* Die Schüler werden an den unterrichtlichen Entscheidungen beteiligt.
* Die Erfahrungen, Fragen und Anliegen der Schüler werden in die Planung einbezogen.
* Die unterschiedlichen Ausgangslagen der Schüler werden berücksichtigt.
* Soziale Beziehungen und kooperatives Verhalten werden gefördert.

Folgerungen für didaktisches Handeln

Wilhelm H. PETERSZEN (2000, S. 161) merkt an, eine bündige Theorie offenen Unterrichts fehle noch. Dennoch kann hier festgehalten werden:

Offener Unterricht ist keine definierte Methodenkonzeption, sondern
ein didaktisches Prinzip, das den Unterrichtenden leitet und sich in den verschiedensten Unterrichtsformen sowie auf vielfältige Weise berücksichtigen lässt.

Unterricht durfte den Schülern noch nie gleichsam vor die Füße geschüttet werden. Deshalb gilt in Berlin § 27 Abs. 1 des Schulverfassungsgesetzes; dort wird vorgeschrieben, die Schüler in altersgemäßer Form an der Unterrichtsplanung zu beteiligen. Einzelheiten dazu finden Sie auf der Webseite "Beteiligung der Schüler an der Unterrichtsplanung".

Freilich geht es im Unterricht - zumal des Gymnasiums - nach wie vor um Inhalte, also um die Sache. Dennoch muss gesehen und berücksichtigt werden, dass im Unterricht Menschen einander begegnen, zueinander Beziehung aufnehmen und miteinander umgehen. Ruth COHN hat das exemplarisch in dem Begriff "Themenzentrierte Interaktion" zusammengefaßt. Deren Grundzüge finden Sie auf einer gleichnamigen Webseite dargestellt. Konsequenzen für die didaktische Theoriebildung werden auf Webseiten der Themengruppe "Grundzüge der Allgemeinen Didaktik vorgestellt.

Summa summarum:
Unterricht erfüllt seine Aufgabe nicht schon, indem er inhaltlich-kognitiven Aufgaben gerecht wird, sondern erst dann, wenn er auch soziale Zielsetzungen verwirklicht. Nur so kann er "erziehender" Unterricht sein. Einzelheiten dazu finden sie auf der gleichnamigen Webseite.

Abschließend ein Wort zu den häufig und meist schlagwortartig gebrauchten Begriffen "lehrerzentrierter" und "schülerorientierter" Unterricht. Unbeschadet der allgemein üblichen Konnotationen lohnt es sich, sie wörtlich zu verstehen. Dann wird deutlich, dass sie zwei Selbstverständlichkeiten zu einem polemisch dargebotenen Kontrastprogramm machen.

Unterricht ist nämlich immer

* schülerorientiert, weil er um der Schüler willen gehalten wird,
* lehrerzentriert, weil Lehrer im Unterricht zentrale Funktionen haben.

Die daraus folgenden Aufgaben lassen sich wirkungsvoll und überzeugend erfüllen, wenn die hier vorgestellten Prinzipien beachtet werden.

Irgendwie doch nicht so spannend...

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